Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Novelle zu einer geplanten Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingebracht (9. GWB-Novelle). Nach dem Entwurf soll u.a. der Zugang zu Daten als Kriterium für eine Marktbeherrschung festgeschrieben werden. Das Bundeskartellamt könnte somit stärker gegen Internetunternehmen vorgehen.
Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums bringt für Datenschützer und Unternehmen, deren Kerngeschäft das Anbieten unentgeltlicher Dienste gegen Bereitstellung von Nutzerdaten, Änderungen, die eine neue Situation schaffen können. Mittlerweile hat das Kabinett die Novelle beschlossen. Für Unternehmen und Datenschützer ist besonders die Änderung beachtenswert, wann ein Markt in diesem Sinne vorherrscht. Nach dem Entwurf muss dafür nicht unbedingt Geld fließen.
Daten, die neue Marktwährung
Gemäß § 18 Abs. 2a GWB-E soll der Annahme eines Marktes in Zukunft nicht mehr entgegenstehen, dass Leistungen unentgeltlich erbracht werden. Eine Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums stellt klar, welche Unternehmen von der Novelle besonders betroffen sind. Ziel ist es, das Wettbewerbsrecht an die Digitalisierung der Märkte und ihrer Produkte anzupassen. Die Bundesregierung macht deutlich, dass es um die wettbewerbsrechtliche Erfassung von informations- und datenbasierten Geschäftsmodellen geht. Dieser Bereich gilt ihr aktuell als besonders anfällig für Marktmachtkonzentration und Missbrauch der Marktposition.
Daten werden somit als eine Art neue Währung verstanden. Der Nutzer von Internetdiensten und Apps, die unentgeltlich zur Verfügung stehen, bezahlt in gewisser Weise mit seinen Daten (bspw. Endgerät, Standortdaten, Nutzungsverhalten). Diese werden vom Unternehmen verarbeitet und genutzt, um durch Dritte Gewinne zu erwirtschaften. Die personalisierte Werbung dürfte ein Paradebeispiel für die vorliegende Situation darstellen.
Wird das Bundeskartellamt eine neue Datenschutzaufsicht?
Interessant wird die Entwicklung für die Rolle des Bundeskartellamts. Der Umgang von Unternehmen mit (personenbezogenen) Daten wird für die Kartellbehörde relevant, denn nach § 18 Abs. 3a GWB-E werden für die Bewertung einer Marktstellung in mehrseitigen Märkten und Netzwerken u.a. die parallele Nutzung und der Wechselaufwand für Nutzer (Nr. 2) und dessen Zugang zu Daten (Nr. 4) als künftige Kriterien herangezogen.
Inwieweit das Bundeskartellamt aber eine Art „Datenschutzaufsicht“ wird, bleibt abzuwarten. Vor allem ist bedeutsam, wie genau Verstöße gegen das geltende Datenschutzrecht in die Bewertung des Bundeskartellamts zur Beurteilung der Marktposition einfließen werden. In dem aktuellen Vorgehen gegen Facebook wird zumindest ersichtlich, dass das Bundeskartellamt einen direkten Zusammenhang zwischen Datenschutzverstößen und einem Missbrauch der Marktstellung sieht. Die Behörde untersucht deshalb die konkrete Ausgestaltung der Nutzungsbestimmungen des Internetunternehmens im Hinblick auf datenschutzrechtliche Verstöße.
Noch ist aber unklar, ob eine solche Einschätzung ausschließlich bei datenbasierten unentgeltlichen Geschäftsmodellen zur Anwendung kommen wird, oder ob auch Unternehmen, deren hauptsächliche geschäftliche Betätigung nicht in diesem Bereich liegen, hinsichtlich der Auswirkungen ihres Umgangs mit Daten kartellrechtlich überprüft werden könnten.