Alle Jahre wieder? Videoüberwachung auf dem Weihnachtsmarkt

Weihnachten liegt erst wenige Tage zurück – die besinnliche Zeit, sie ist erstmal rum. Wo konnte man sich am besten mit Glühwein, Crêpes und Bratwürsten in Stimmung bringen? Genau – auf dem Weihnachtsmarkt. Der perfekte Ort, um die Seele baumeln zu lassen und dem Stress des Jahresendspurts zu entfliehen. Doch wer will sich dabei von Videokameras der Stadt ins Visier nehmen lassen? Dies dachte sich ein Besucher in Hannover und klagte vor dem örtlichen Verwaltungsgericht (VG Hannover, Urteil vom 10.10.2023, Az.: 10 A 5210/22).

Der Sachverhalt

Die Polizei Hannover hatte auf dem Weihnachtsmarkt in der Innenstadt im Jahre 2022 insgesamt vier Videokameras installiert. Der Einsatz von Videoüberwachung sei notwendig, denn mit dem hohen Besucherandrang sei auch mit einem Anstieg der Alltagskriminalität und belästigender Verhaltensweisen – wie aggressivem Betteln – zu rechnen, so die Argumentation. Zudem seien Weihnachtsmärkte seit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin am 19.12.2016 verstärkt in den Fokus terroristischer Bedrohung gerückt.

Datenschutzrechtliche Zulässigkeit?

Wie immer im Datenschutz, so greift bei der rechtlichen Bewertung auch hier der Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Es bedarf einer konkreten Rechtsgrundlage für den Einsatz der Videokameras, hier § 32 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 3 und S. 3 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (kurz: NPOG). Danach dürfen Verwaltungsbehörden und die Polizei öffentliche Straßen und Plätze sowie andere öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung offen beobachten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einer Veranstaltung oder einem sonstigen Ereignis eine Straftat oder nicht geringfügige Ordnungswidrigkeit begangen wird und die Beobachtung im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit diesem Ereignis zur Verhütung dieser Straftat oder Ordnungswidrigkeit erforderlich ist, bzw. um im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einer Veranstaltung oder einem sonstigen Ereignis künftige Gefahren für Leib oder Leben abzuwehren. Die übertragenen Bilder kann die Polizei aufzeichnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an den beobachteten öffentlich zugänglichen Orten oder in deren unmittelbarer Umgebung künftig Straftaten begangen werden und die Aufzeichnung zur Verhütung dieser Straftaten erforderlich ist.

Das Verwaltungsgericht gestand dem Kläger zwar zu, durch die Videoüberwachung des Weihnachtsmarkts in seinem informationellen Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt zu sein; der Eingriff sei aber durch das Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz gerechtfertigt.

Eine künftige Gefahr – wie vom NPOG gefordert – konnte mit polizeilichen Kriminalstatistiken der Jahre 2015 bis 2021 nachgewiesen werden. Danach gab und gebe es durchaus auch zukünftig eine hohe Wahrscheinlichkeit für Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Rahmen des innerstädtischen Weihnachtsmarktes. Zudem bestehe jederzeit auch eine zumindest abstrakte Gefahr eines terroristischen Anschlags. Dieser könne zwar durch die Videoüberwachung nicht verhindert, gleichwohl aber Vorfeldaktivitäten entdeckt werden, so das Gericht.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei mit dem Einsatz der Videoüberwachung die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Auch gebe es kein milderes, gleich effektives Mittel, beispielsweise durch den Einsatz von Polizeibeamten vor Ort. Denn der Einsatz von Kameras biete technische Möglichkeiten – wie Zoomen und Aufzeichnen – die durch Polizeibeamte vor Ort nicht möglich wären. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Überwachung des Weihnachtsmarktes durch Videoanlagen sei für die Besucher auch hinreichend erkennbar gewesen. So sei neben Hinweisschildern auch durch eine entsprechende Pressemitteilung informiert worden. Zudem hätten auf der Webseite der Polizei die Standorte der Kameras eingesehen werden können. Dem Transparenzgebot (Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO war damit Genüge getan.

Fazit

Auch 2023 musste man sich nicht nur in Hannover, sondern auch in anderen Städten der Republik auf den Einsatz von Videokameras einstellen. Der Schutz der Besucher überwog dabei das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen. Der guten Laune dürfte dies keinen Abbruch getan haben, war die Eingriffsintensität doch eher gering. Gleichwohl werden sich viele von uns auch die kommenden Jahre an diese neue Lebenswirklichkeit nachvollziehbarerweise erst noch gewöhnen müssen.