Ein vom Europäischen Parlament beschlossener Entwurf für eine „Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen“ (EEA) birgt für Unternehmen die Gefahr, dass ihre Bankkonten und Finanztransaktionen ohne deren Wissen durchleuchtet werden. Der Entwurf muss noch vom Ministerrat gebilligt werden.
Prinzipiell soll die neue Richtlinie die Durchführung polizeilicher und justizieller Ermittlungsmaßnahmen eines EU-Staates („Anordnungsstaat“) in einem anderen EU-Staat („Vollstreckungsstaat“) regeln. Zu beachten wären für Unternehmen, die von einem Strafverfahren betroffen sind, die Artikel 19, 26 und 27 des Entwurfes.
Nach diesen könnte eine Ermittlungsanordnung auch erlassen werden, um Informationen darüber zu erlangen, ob ein Unternehmen Konten unterhält, kontrolliert oder über diese bevollmächtigt ist. Hierfür müsste das Unternehmen vom Strafverfahren betroffen und die entsprechenden Konten bei einer Bank mit Niederlassung im Vollstreckungsstaat sein, vgl. Art. 16 (1) und (3) des Entwurfs. Bereits an dieser Stelle bestünde die Gefahr, dass auch Unternehmen durchleuchtet werden, gegen die das Strafverfahren nicht gerichtet ist, wenn sie dem betroffenen Unternehmen eine entsprechende Vollmacht erteilt haben. Gleiches soll für Konten bei Finanzinstituten außerhalb des Bankensektors gelten. Des Weiteren soll eine Ermittlungsanordnung auch darauf gerichtet sein können, um Informationen bzgl. Bankkonten und –geschäfte zu erlangen, die über die betroffenen Konten getätigt wurden. Auch sämtliche Überweisungs- und Empfängerkonten würden erfasst werden, vgl. Art. 27 (1) des Entwurfs. Selbiges soll auch hier für Konten bei Finanzinstituten außerhalb des Bankensektors gelten. Damit wären besonders Unternehmensdaten aus dem Bereich Finance umfangreich betroffen.
Zudem würde die Richtlinie jedem Mitgliedsstaat eine aktive Geheimhaltungspflicht auferlegen. Art. 19 (4) des Entwurfs sieht vor, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um zu verhindern, dass die betroffenen Bank- und Finanzinstitute ihre Bankkunden und Dritte über die Informationsweitergabe und Ermittlungen informieren. Das könnte eine tiefgreifende Sichtung von Unternehmensdaten ermöglichen, ohne das betroffene Unternehmen und etwaige verbundene Dritte von der Informationsbeschaffung erfahren.